Der slavische Gottesdienst
nach lateinischem Ritus in Ost-Mitteleuropa und seine deutschen Ursprünge

Gastwissenschaftler

Prof. Dr. Aleksei Pentkovskii

Betreuung

Prof. Dr. Irina Podtergera

Die Christianisierung der Slaven, die in Ost-Mitteleuropa auf dem Gebiet der Fürstentümer Mähren und Nitra und dem Plattensee-Fürstentum lebten, wurde in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts im Rahmen des karolingischen Missionierungsprojekts von Priestern aus den Diözesen Passau und Salzburg durchgeführt. Diese Priester waren dem lateinischen Ritus anhängig. Die Entstehung des slavischen Gottesdienstes in diesen Gebieten ist mit der Tätigkeit des pannonischen Erzbistums verbunden. Dieses Erzbistum wurde zwischen 869 und 870 von Papst Hadrian II. unter Berücksichtigung der ethnischen Zugehörigkeit gegründet. Im Jahr 880 reorganisierte Papst Johannes VIII. das Erzbistum nach territorialen Prinzipien. Das Besondere an dieser Kirchenorganisation war die legitime Durchführung des Gottesdienstes nach lateinischem Muster unter Anwendung des Kirchenslavischen als Liturgiesprache. Zur Niederschrift der slavischen Übersetzungen der Heiligen Schrift und der Gottesdiensttexte wurde dabei ein speziell für Slaven entwickeltes Alphabet, die sog. Glagolica, verwendet. Bei der Durchführung des Gottesdienstes im Erzbistum des hl. Method wurde kirchenslavische Übersetzungen auf Basis einer Reihe von Gottesdienstbüchern des lateinischen Ritus verwendet, die wir „Corpus Methodianus“ nennen. Slavische Gottesdiensttexte aus diesem Corpus weisen dabei auffällige deutsche Einflüsse auf, die auf der früheren Missionstätigkeit deutscher Priester beruhen.

Die Gründung des pannonischen Erzbistums durch Papst Hadrian II. und seine Beibehaltung und Reorganisation durch Papst Johannes VIII. fand im Rahmen der Bildung des sog. „slavischen Korridors“ statt. Dieser „Korridor“ begann an der adriatischen Küste und führte durch die bereits christianisierten slavischen Regionen bis in die slavisch besiedelten, aber noch nicht christianisierten Gebiete in der Weichsel-Oder-Region.

Die faktische Auflösung des pannonischen (mährischen) Erzbistums und das Verbot des slavischen Gottesdienstes durch Papst Stephan V. in den Jahren 885 und 886 führte zur Beendigung des „slavischen Projekts“ der Päpste Hadrian II. und Johannes VIII. Jedoch wurde dadurch der slavische Gottesdienst nach lateinischem Ritus in den slavisch besiedelten Ländern Ost-Mitteleuropas nicht eingestellt: Er bestand im Mittelalter auf den Territorien Kroatiens, Bosniens, Serbiens, Ungarns, Tschechiens und der Slowakei fort.

Laufzeit: 10.05.2021 – 10.11.2021

Förderung durch die Konrad-Adenauer-Stiftung

Letzte Änderung: 22.09.2021
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