Projekt
Projektleitung
Dr. Daniela Mantovan | Dr. Bettina Kaibach
Seit März 2016 wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg erarbeitet.
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Nach der Einstellung und Auflösung der jüdischen Institutionen im Jahr 1934 und der endgültigen Liquidierung der jiddischen Intelligenzija zwischen 1948 und 1952 war die jiddische Kultur in der Sowjetunion öffentlich nicht mehr existent. Erst nach dem Tod Stalins und der Nachfolge Chruschtschows, in der zweiten Hälfte der 50er Jahre, konnte die jiddische Literatur, parallel zum Prozess der posthumen Rehabilitation ermordeter jiddischer Schriftsteller, zunächst in russischer Übersetzung und dann ab 1961 auch im Original wieder veröffentlicht werden. Gleichzeitig erschien in Moskau im Juli/August 1961 zum ersten Mal seit der Liquidierung der jiddischen Kultur im Stalinismus eine jiddische literarische Zeitschrift: Sovetish heymland. Tsvey khadoshimdiker literarish-kinstlerisher zshurnal. Organ fun shrayber farband fun kh.s.s.r. (zweimonatige literarisch-künstlerische Zeitschrift, Organ des Schriftstellerverbandes der UdSSR). Sie blieb, von 1965 an, als monatliche Veröffentlichung bis 1991 das einzige publizistische kulturelle Medium und öffentliche Forum der jiddisch sprechenden Minderheit in der Sowjetunion. Tatsächlich kreist die gesamte jiddische literarische Aktivität von 1959 bis 1991 in der Sowjetunion, wie Shmeruk schreibt, „ausschließlich um eine einzige Zeitschrift, diese Zeit würde ich definieren als die Sovetish heymland-Periode“.
Vor allem im ersten Jahrzehnt der Veröffentlichung und dank der Mitarbeit von Bibliographen und Literaturkritikern der älteren Generation konnten wichtige Dokumente, bibliographische Arbeiten, unveröffentlichte Werke und eine Fülle an Memoiren über jiddische Schriftsteller und Literaturkritiker, die eine führende Rolle in der jiddischen Moderne gespielt hatten und häufig Opfer der stalinistischen Repressionen waren, veröffentlicht werden. Wenn auch in den folgenden zwei Jahrzehnten immer wieder neue Dokumente auftauchten, wurde der Fokus der Zeitschrift zunehmend auf die Gegenwart gerichtet. Die diffizile Lage der Zeitschrift, einerseits Parteirichtlinien folgen zu müssen, andererseits dezidiert als kulturelle Repräsentantin der jiddisch sprechenden Minderheit aufzutreten, spiegelt sich deutlich in der Mischung von Parteitreue und wissenschaftlich fundierter Arbeit wider, welche die Zeitschrift charakterisiert. Eine systematische, detaillierte und vollständige Analyse dieses Organs ist bis heute nicht geleistet worden.
Das Forschungsprojekt fokussiert auf das Vermächtnis der jiddischen Literaten und Intellektuellen, die in der Sowjetunion tätig waren. Materialien über diese Autoren und ihre Zeit, die in der Zeitschrift veröffentlicht wurden, sollen dadurch für die moderne Forschung in einer übersichtlichen Weise zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus soll die Zeitschrift als Ganze mit ihrer Publikationsgeschichte und ihrer einzigartigen Stellung im politisch-kulturellen Koordinatensystem der Sowjetunion erfasst werden.
Ziel des Projekts
- Die Erstellung einer digitalen „Navigationshilfe“, d.h. einer detaillierten, nach Autoren, Werken und Themen aufschlüsselbaren Bibliographie, die die systematische Nutzung der Zeitschrift ermöglichen soll. Angestrebt ist eine umfassende Aufsatzerschließung nach dem international gültigen Regelwerk Resource Description and Access (RDA).
- Begleitend dazu soll in einem einführenden Band die dreißigjährige Veröffentlichungsgeschichte von Sovetish heymland dokumentiert und analysiert werden, wobei die Inhalte von literatur- und gesellschaftswissenschaftlicher Relevanz sowie die Entwicklung der Zeitschrift vor dem Hintergrund der politischen Veränderungen beleuchtet werden sollen.
- Die Digitalisierung der 30-jährigen Veröffentlichung soll in einer dritten Phase erfolgen.
Kontaktdaten
Dr. Daniela Mantovan
Slavisches Institut
Universität Heidelberg
Schulgasse 6
69117 Heidelberg
E-Mail: daniela.mantovan@slav.uni-heidelberg.de
Dr. Bettina Kaibach
Slavisches Institut
Universität Heidelberg
Schulgasse 6
69117 Heidelberg
E-Mail: bettina.kaibach@slav.uni-heidelberg.de